Die Schweiz und Europa

Am 24. Februar hat sich das Verhältnis der Schweiz zu Europa grundlegend geändert. Während den letzten dreissig Jahren war es geprägt vom Phantomschmerz des abgelehnten EWR Betritts (Abstimmung 1992) und der anschliessenden holprigen Zeit, bis um die Jahrtausendwende die Bilateralen abgemacht wurden.

Wir haben es uns gemütlich eingerichtet. Viele meinten das Verhältnis sei so gut geregelt. Ist es auch. Die Schweiz nimmt fast vollständig am Binnenmarkt teil und ist eines der Länder, die davon am meisten profitieren. Die wirtschaftliche Prosperität der letzten zwanzig Jahren ist ein belegtes Zeugnis davon.

Die Verhandlungen zu einem Rahmenabkommen wurden vor diesem Hintergrund von vielen als mühsame Zwängerei der EU angesehen: «Passt doch alles so. Warum was ändern?». Dabei wurden und werden geflissentlich zwei Sachen übersehen: Die EU ist mehr als der Binnenmarkt und Souveränität in einer zunehmend globalen Welt verändert sich, genau so wie sie sich vor zweihundert Jahren bei der Gründung der modernen Schweiz verändert hat.

Der 24. Februar mit dem furchtbaren Angriffskrieg Russlands hat diesen Luftballon gepikst und zum Platzen gebracht. Es ist seither nichts mehr, wie es mal war. Die Sicherheiten der letzten Jahrzehnte sind verpufft. Was neu kommen wird, wissen wir noch nicht. Eines aber ist klar: In der Ukraine geht es um viel mehr als der Bekämpfung von lokalen russischen Wahnvorstellungen (Die Ukraine hat keine eigenständige Kultur und ist Teil Russlands). Es geht um alles.

Eigentlich ist es für die Schweiz ganz einfach: Wenn du auf einem Pausenplatz einem Tyrannen entgegentrittst, tust du das besser als Gruppe.

Und hier gibt es für uns genau zwei Optionen: Sich näher an die NATO anlehnen (wenn die den mögen; geschickt von Thierry Burkart in die öffentliche Diskussion eingebracht, auch um vom zweiten Thema abzulenken) und einen gemeinsamen Weg mit der Europäische Union finden.

Damit das richtig verstanden wird: Das ist nicht einfach ein blindes ‘Ja zur EU!’, sondern eine nüchterne Auslegeordnung. So wie vor zweihundert Jahren die alten Stände zur Einsicht gelangten, dass sie nur zusammen in einem Bundesstaat eine Zukunft hatten.

Im Kern geht es um unsere Souveränität. Souverän im Sinn von Mitbestimmen, Mitgestalten und Selbstbestimmung. Wir wollen nicht fremdbestimmt sein. Das gelingt in einer globalen Welt nicht mehr als Kleinstaat. Sondern im Verbund. So wie die alten Orte der Eidgenossenschaft haben erkennen müssen, dass in einer damals neu nationalstaatlich organisierten Welt es eine gemeinsame ordnende Ebene braucht – die moderne Schweiz.

Wir werden mit unseren Nachbaren einen nächsten Integrationsschritt gehen wollen, um weiterhin selber bestimmen zu können. Diesen, unseren Weg in Europa, sollten wir jetzt aktiv zu gestalten* beginnen.

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*) Politik ist eigentlich gestalten. Die Gefahr in der Schweiz allerdings ist gross, dass dieser historische Moment aus der Angst vor dem eigenen Mut verpasst wird. Später werden wir zu schlechteren Bedingungen dazu gezwungen werden.

Ein Beispiel: Die Ukraine wird wieder aufgebaut werden müssen. Oligarchengelder werden dazu herangezogen werden – die USA sind bereits daran. Wie ging das nochmals bei der Fluchtgelddebatte…?

Über dselz

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