Im Rahmen der Deponieplanung im Kanton Zürich hat der Kanton auch in Zollikon einen Standort ausgemacht: Die Brunnenwisen. Als Dorf wehren wir uns dagegen und haben den Widerstand früh im Rahmen von ‘Runden Tischen’ mit allen Beteiligten organisiert. Die Veranstaltungen waren von Beginn weg öffentlich und alle Interessierten waren immer herzlich eingeladen.
Diese Woche läuft nun die Vernehmlassungsfrist ab. Auf der Ziellinie hat das lokale Medium Zollikernews folgenden Artikel geschaltet: «Die Unterlassungssünde».
Im Vorfeld dazu hat Journalisten Barbara Lukesch auch mich dazu befragt, um anschliessend mir mein Wort zu verdrehen, um damit ihre These der ‘Unterlassungssünde’ zu untermauern.
Aber der Reihe nach, denn das Ganze ist ein herrliches Stück, um zu begreifen, wie Thesenjournalismus funktioniert*:
Ouvertüre
Begonnen hat alles mit folgender Mail vom Montag, 10. März. Anfrage Lukesch: «Warum haben Sie im Kampf gegen die Deponie nie Corinne Hoss-Blatter als „Ressource“ mit guten Verbindungen zum Kantons- und Regierungsrat „angezapft“? Falls Sie Lust haben, mir das am Telefon zu erläutern, wäre ich gut erreichbar.»
Meine Kurzreaktion abends spät da tagsüber in der Firma beschäftigt: «Erklärung vorneweg; gesprochen haben wir selbstverständlich, zum jetzigen Zeitpunkt ist es aber weit weg von kt Rats Kommission relevant, das wäre die nachste stufe.»
Steigerung
Am nächsten Morgen rufe ich Frau Lukesch kurz vor 9 Uhr an. Sie kommt gleich zum Punkt und wirft mir vor, ich hätte Corinne Hoss wegen der Deponie nie kontaktiert und auch hätten wir im Rahmen des Runden Tisches nie auf ihre Funktion als Kantonsrätin zurückgegriffen. Auch sei Regierungsrat Neukom jetzt sauer wegen der hunderten von Einsprachen.
Steile Ansage.
Nüchtern antworte ich, dass ich selbstverständlich mit Corinne gesprochen habe. Auch seien die Runden Tische immer allen öffentlich zugänglich gewesen.
Das genügt Frau Lukesch keineswegs. Sie fragt forsch nach (was ihr gutes Recht ist). Ich frage sie, ob sie Thesenjournalismus betreibe und warum sie versuche eine Polemik loszutreten, wo es keine gebe.
Kurz darauf beenden wir das Gespräch.
Am Nachmittag rufe ich kurz Corinne Hoss an und spreche sie darauf an. Sie meint, Neukom sei sauer wegen den vielen Einwendungen. Ich erwidere, dass wir bei der Gemeinde nebst der eigenen bisher nur von wenigen weiteren Einwendungen wissen, der Verein DeponNie aber wohl viele Einwendungen generiert habe.
Etwas erstaunt über den offenbar erzürnten Herrn Neukom bin ich schon, denn es ist ja gerade Kern eines Vernehmlassungsverfahrens, dass die Bevölkerung sich einbringen kann. Im Übrigen haben wir von der Gemeinde uns auf sachliche und konkret begründbare Punkte beschränkt. Ich verabschiede mich mit der Hoffnung, dass es keine unnötige Polemik gebe, sei das Thema doch zu wichtig.
Peripetie
Frau Lukesch sendet mir am Dienstag 11. März ein Mail mit «Passage(n) aus meinem Artikel, die Sie betrifft.»
Darin schreibt sie: «… behauptet er, mit ihr geredet zu haben. Sie sagt, sie habe seit April 2023 nicht mehr mit ihm gesprochen. Dazu wirft er ihr vor, nicht am Runden Tisch teilgenommen zu haben.»
Und weiter: «Selz vertritt zudem die Meinung, dass das Geschäft verfahrenstechnisch noch weit von den politischen Kommissionen und damit dem Kantonsrat entfernt sei, es also noch gar keinen Sinn mache, bereits jetzt zu lobbyieren und damit möglicherweise dem bekannten «Anti-Goldküstenreflex» Nahrung zu geben.»
Dieses Mail erwidere ich mit folgenden Zeilen:
«Damit bin ich nicht einverstanden. Weder “behaupte” ich, noch “werfe ich vor”. Ebenso habe ich keine der beiden Aussagen in unserem Gespräch so gemacht.
Es bringt wenig eine öffentliche Polemik loszutreten bei einem Punkt, bei welchem zwei Personen unterschiedliche Erinnerungen haben.
Der Runde Tisch war allen zugänglich und alle waren dazu eingeladen. Auf verschiedenen Wegen haben wir darauf aufmerksam gemacht. Andere Mitglieder des Kantonsrats haben daran auch mehrfach teilgenommen. In diesem Rahmen haben wir auch das Vorgehen re Beratungen im Kantonsrat / Kommission(en) besprochen.
Auch der letzte Punkt ist nicht richtig wiedergegeben. Korrekt ist: Zur Zeit – und ihr Mann war am letzten Runden Tisch zugegen, wo wir das dargestellt haben – führt das AWEL die Vernehmlassung und die Behandlung der Einwendungen. Erst nach Beschluss des Regierungsrats wird dies dem Kantonsrat und den entsprechenden vorberatende(n) Kommission(en) vorgelegt. Darauf habe ich hingewiesen.
Betreffend “Anti-Goldküstenreflex” habe ich darauf hingewiesen, dass in den Beratungen in den Kommission(en) / Kantonsrat, dass durchaus ein Thema sein könnte. Mehr nicht.
Der Text unten versucht eine Polemik zwischen Corinne und mir erzeugen, wo es keine gibt. Damit bin ich nicht einverstanden und das habe ich Ihnen schon heute Morgen so gesagt. Es nun trotzdem anders darzustellen, finde ich nicht in Ordnung und es betrübt mich.»
Zollikernews veröffentlicht den Artikel ohne meine Korrekturen. Wäre ja auch blöd, denn so liese sich das Narrativ der ‘Unterlassungsünde’ ja nicht weiter aufrechterhalten.
Retardierendes Moment
Ich schreibe Frau Lukesch am 13. März: «Ich bitte Sie von Ihnen mir zugeschriebene Aussagen, die ich nicht gemacht habe, umgehend zu korrigieren.»
Ich begründe die Punkte und füge an: «Frau Lukesch, integrer Journalismus sieht anders aus. Warum machen Sie das? Das Geschehene betrübt mich sehr.»
Selbstverständlich kann es Frau Lukesch nicht lassen und antwortet mit weiteren Unterstellungen: «Ich hatte Corinne Hoss-Blatter am Nachmittag angerufen und gefragt, ob Sie sich bei ihr gemeldet hätten. Journalistische Neugier. Transparent wie immer sagte sie ja und schilderte auf mein Nachfragen, was Sie besprochen haben. Offenbar ist Ihnen nach unserem Telefonat tatsächlich klar geworden, dass es Sinn machen könnte, mit der eigenen Kantonsrätin mal zu reden…»
Den Artikel selber korrigiert sie nicht und hängt die Erläuterungen bloss an.
Katastrophe (Lösung ist ausstehend)
Ich antworte ihr später am Tag: «Ich weiß wirklich nicht was sie gerade geritten hat. Warum versuchen sie eine Polemik und Unfrieden anzuzetteln, wo es keine Polemik gibt und keinen Unfrieden gibt.
Ich will sie einfach darauf aufmerksam machen, dass sie damit gerade gehörig viel Vertrauen zerstören und das vor dem Hintergrund, dass es einen genau dokumentierten Ablauf gibt.
Es wäre gut wenn Sie hier rasch deeskalieren.»
Eine Deeskalation hat bisher nicht stattgefunden.
Journalisten in der Schweiz sind dem Journalistenkodex der Schweizerischen Presserats verpflichtet. Frau Lukesch verletzt mit Ihrem Artikel gleich mehrfach diese Richtlinien.
Denn beim eigentlichen Stein des Anstosses – wie wir dem Kantonsrat und vorgelagert den vorberatenden Kommissionen unsere Argumente darlegen – haben wir uns zusammen mit ausgewiesenen Fachexperten, die solche Vernehmlassungen schon mehrfach begleitet haben, sehr wohl Gedanken über das Vorgehen gemacht. Das hätten beide Damen einfach in Erfahrung bringen können – wir haben an den Runden Tischen darüber immer transparent informiert. Aber eben, dass hätte nicht in ihr Narrativ gepasst…
Selbstverständlich ist das Ganze eine Lokalposse ohne grosse Konsequenzen. Trotzdem frage ich mich warum Leute so handeln. Wollen sie jemandem Schaden? Gelten Regeln für andere aber nicht einen selbst? Sind die eigenen Emotionen wichtiger als ein wahrhafter Umgang mit der Sache und Beteiligten? Erfreut frau sich am vermeintlichen Aufdecken einer (biblischen) (Unterlassungs-)Sünde?
Zum Schluss: In der Regel verkehrt sich immer alles in sein Gegenteil… Das wird auch hier so sein.
* Der Verständlichkeit wegen habe ich hier die Texte chronologisch und gekürzt aufgeführt. Der ganze Verlauf ist hier im PDF hinterlegt.
PS vom Abend 18. März 2025: Am 18.3 veröffentlicht Zollikernews, dass Corinne Hoss im April 2024 eine Anfrage zum Thema Deponie eingereicht habe. Blöd nur, dass sie uns im Gemeinderat das nie gesagt, weitergleitet oder sonst was unternommen hat, um uns darauf aufmerksam zu machen…
Doppelt blöd, dass dies erst jetzt veröffentlicht wird als die negativen Kommentare überhand nehmen. Es verkehrt sich eben alles in sein Gegenteil…. 😉